Wenn die Sauce zu scharf ist

Der Mund steht weit offen, die Augen tränen, Schnappatmung setzt ein – die Frage, ob die Soße zu scharf ist, beantwortet sich mimisch von allein.

Scharfe Chili sind wie sie heißen

Das Chilis synonym für scharf stehen, gehört mittlerweile zum Allgemeinwissen der Hobbyköche. Trotzdem beschleicht viele regelmäßig eine fast masochistische Anwandlung für ihre Verwendung. Die milden Sorten wurden alle schon verkostet und eigentlich könnte man auch mal etwas Schärferes probieren.

Wie war das doch gleich: Schote aufschneiden, die Samen entfernen und klein schneiden? Regelmäßig gerät dieses Unterfangen zur misslungenen Mutprobe. Die beste Orientierung gibt ein Blick auf die Schärfeskala, in der die am häufigsten verwendeten Sorten enthalten sind.

Selten und sehr aromatisch: Aji Charapita Chili

Aji Chili sind etwas Besonderes. Nicht wegen ihrer Schärfe, denn scharf sind andere Chili auch. Es ist wegen ihres ausgesprochen fruchtigen Aromas. In Peru gehören sie in jedes Ceviche. Bei uns, sind frisch leider nicht zu bekommen. Dafür gibt es sie getrocknet.

Zugegeben, sie sind scharf. Aber nicht zu scharf. Bei einer Carolina Reaper Chili betäubt die Schärfe alle Geschmacksknopsen und entfacht ein regelrechtes Feuer. Nur Wettkämpfer werden sie überhaupt pur essen. Aji Charapita Chili schmecken fruchtig-scharf und sind selbst als Pulver eine Rarität. Unbedingt mal probieren!

Messlatte: Der Schärfegrad von Chili

Sie sind berüchtigt und so scharf, dass sie sogar eine eigene Schärfe-Skala besitzen. Die Feuerkraft von Chilis wird in der Scoville Skala (SHU = Scoville Heat Units) angegeben.

Während Gemüsepaprika mit Mühe auf bis zu 10 SHU kommt und Peperoni zwischen immer noch überschaubaren 100-500 SHU liegt, schafft eine Carolina Reaper an der Spitze der Skala locker 2.200.000 SHU.

Scharfe Sauce

Die oft als schärfste Soße der Welt bezeichnete „Blair’s 16 Million Reserve” markiert aktuell die Obergrenze von 16.000.000 SHU. Ob man derart scharfe Sachen noch essen kann, ist eher eine Frage des Wollens.

Untrainiert und ohne Rücksprache mit dem Hausarzt grenzt es an Körperverletzung. Immerhin verwenden Inder und Thailänder den Sud ähnlich scharfer Chili zur Abwehr von Elefanten.

So funktioniert es

Verantwortlich für den Schmerz sind Capsaicinoide, vor allem das Alkaloid Capsaicin, ein Reizstoff der auf die Rezeptoren oberhalb von 40°C einen als brennend empfundenen Schärfereiz auslöst und auch im Pfeffer enthalten ist.

In der Natur dient er den Pflanzen als Schutz vor Fressfeinden. Unser Gehirn verarbeitet ihn als Hitze bzw. als ein brennendes Schmerzgefühl. Wir nehmen Schärfe über die Geschmackspapillen auf der Zunge und über den Trigeminusnerv wahr.

Chilis produzieren das Capsaicin in der so genannten Plazenta, den weißen Trennwänden im Inneren. Dort wird es in winzigen Tröpfchen eingelagert. Da die Samen direkt an der Plazenta sitzen, überträgt sich die Schärfe auf sie. Die Samen selbst sind geschmackslos.

Scharfes Essen ist zwar gesund, kann aber auch weh tun

Nicht jedes Essen das gesund ist, fühlt sich auch so an. Steht einem der Mund in Flammen, liegt dieser Gedanke besonders fern. Trotzdem dienen Chili richtig dosiert der gesunden Ernährung:

Vorteile

  • Kreislauf und Verdauung werden angeregt
  • ihre Schärfe führt zur Schweißbildung und bewirkt dadurch einen Abkühlungseffekt (gut für die heiße Jahreszeit)
  • antibakterielle Wirkung
  • die körpereigene Fettverbrennung wird angekurbelt
  • positive Wirkung bei entzündlichen Krankheiten wie z.B. Rheuma

Nachteile

  • Vorsicht bei Bluthochdruck
  • bei Magen- und Darmkrankheiten auf das Essen von Chili verzichten
  • Schwangere und Kinder reagieren empfindlicher auf Schärfe

Die Soße ist zu scharf geraten

Die häufigste Ursache zu scharfer Soßen liegt in der Dosierung. Der sicherste Weg zur richtigen Schärfe ist sicherlich Probieren, Probieren, Probieren. Leider auch der Schmerzhafteste.

Unsere Tipps

  • „Je kleiner die Chili, desto schärfer.“ Das stimmt nicht. Zwar sind die schärfsten tatsächlich klein, aber das sagt nichts über die weniger scharfen aus. Es gibt etliche kleine Sorten mit milder Schärfe.
  • Farben, Maserung und sonstige äußeren Merkmale sind ebenfalls keine verläßlichen Kriterien für die Schärfe von Chilis.
  • Vor dem Kochen die Kerne und Trennwände entfernen. Im Fruchtfleisch ist der Capsaicin Gehalt am niedrigsten. Sollte die Schärfe der Soße zu schwach sein, mit den klein geschnittenen Trennwänden nachwürzen.
  • Beim Einkauf auf eine aussagekräftige Beschreibung der Sorten mit Angabe des Schärfegrades achten.
  • Getrocknete Früchte konnten ausreifen und sind meist fruchtiger und süßer als frische Chilis.

Erste Hilfe: Was tun, wenn die Soße zu scharf ist?

Ob Grillsoße oder Gulasch, wenn´s brennt, war die Dosis wieder mal zu hoch. Es ist höllisch scharf und tut nur noch weh. Capsaicin ist lipoid d.h. fettlöslich. Diese Maßnahmen löschen die Schärfe im Mund:

  1. Die beste Hilfe ist eine Mischung aus Fett und Mechanik. Ein Toastbrot mit Mascarpone (Fettgehalt von 80%) löst das Capsaicin und schabt es gleichzeitig mechanisch von der Zunge und den Schleimhäuten.
  2. Keine Mascarpone im Kühlschrank? Dann greife zu fetthaltiger Milch, Joghurt oder süßer Sahne. Hauptsache fett.
  3. Auf keinen Fall Wasser trinken! Es verteilt nur die Schärfe im Mund und verstärkt dadurch noch den Effekt.
  4. Nicht ganz effizient, aber immer noch mildernd, ist das Menthol in den Blättern der Minze. Ein paar Blätter kauen und der Schmerz lässt nach.
  5. Eiswürfel im Mund bringen durch die eisige Temperatur die Rezeptoren durcheinander. Das Schmerzempfinden wird teilweise neutralisiert.
  6. Um die Schärfe in der Soße zu mildern, helfen die gleichen Mittel. Nicht die Soße mit Wasser strecken, sondern Sahne, Creme Double o.ä. hinzugeben. Nicht ganz so effektiv, aber trotzdem mildernd wirkt Zucker und das Binden der Soße mit Stärke.

Die größte Linderung erzielst Du mit dem Entfernen ihrer Samen und der Plazenta. Es darf nichts Weißes an der Schote bleiben. Der Unterschied ist erheblich! Das Fleisch der Chili schmeckt je nach Sorte tatsächlich fruchtig und relativ mild.

Bleibt die Chili ganz, überdeckt ihre Schärfe leider komplett alle Geschmacksnuancen, weil das Capsaicin nur die Schmerzrezeptoren anspricht und so alles andere dominiert.

Die Soße retten

Auch wenn sie zu scharf geworden ist, kannst Du eine Soße in der Regel noch retten.

Verdünnen
Mehr Flüssigkeit verteilt die Schärfe (Capsaicin Moleküle). Füge Soßen, Suppen o.ä. mehr Wasser oder Brühe hinzu.

Fett
Sahne, Milch und Joghurt absorbieren Capsaicin.

Süßes
Zucker, Honig oder Ahornsirup mindern die Empfindlichkeit der Rezeptoren und mildern dadurch die Schärfe.

Säuren vermeiden
Zitronensaft und Essig regen die schmerzempfindlichen Rezeptoren an.

Wie schon beschrieben: Das Gleiche hilft gegen den Brand im Mund. Der Griff zum Wasser oder gar kohlensäurehaltigen Getränken hilft überhaupt nicht bzw. verstärkt sogar die Empfindlichkeit der Rezeptoren.

Schnelle Linderung kannst Du Dir bei den Teilnehmern von Chili-Wettkämpfen abschauen. Haben sie ihr Schmerzlimit unter Tränen erreicht, greifen sie zu Milch oder Joghurt.